Bilder kehrten nach Glindow zurück

Wie der Heimatverein Glindow den Maler Gerhard Gisevius ehrt

Der Heimatverein Glindow hatte zur Eröffnung der Saison zu einer Ausstellung ins Heimatmuseum eingeladen. Viele Besucher wussten nicht so recht, was sie erwartet und waren gespannt. Gerhard Gisevius – wer war das? Die Antwort gaben eine Auswahl von Bildern aus unterschiedlichen Schaffensperioden. Unter der Schirmherrschaft des Heimatvereines hatte eine Arbeitsgruppe versucht, sich dem Maler Gerhard Gisevius zu nähern, der 50 Jahre in Glindow lebte. Für Brigitte Wilhelm, Siegrid Gottschalk, Stefanie Haufe, Fred Witschel und Eva Berning war es nicht nur eine Beschäftigung mit Gerhard Gisevius' Leben und Werk, es war auch eine Beschäftigung mit der Geschichte Glindows, mit Zeitzeugen, die ihn noch kannten, und mit Orten der Umgebung, wo er seine Motive fand. Leihgeber aus Werder, Potsdam, Rehbrücke und Berlin erzählten die Geschichten der Bilder, die in ihren Familien weitervererbt wurden und nun für die Ausstellung nach Glindow zurückgekehrt waren.

Vielleicht fühlte sich der bescheiden und zurückgezogen lebende Gerhard Gisevius in Glindow angekommener, als manch einer glaubte. Signierte er deshalb seine Bilder mit dem dritten „G“ für Glindow: G. G. G.? Die Künstlerin Jutta Zaske war die Erste, die nach dem Kauf der Villa Gisevius Mitte 1990, rund 30 Jahre nach seinem Tod, mit Vernissagen auf ihn aufmerksam machte. Den Wunsch nach einer neuen Ausstellung konnte ihr der Heimatverein erfüllen.

Gleichzeitig mit der Vorbereitung der Ausstellung wurde eine Broschüre über Gerhard Gisevius erarbeitet. Bei ihren Recherchen nutze Brigitte Wilhelm viele Quellen: Familienarchive, Rezensionen, Presseberichte und knüpfte persönliche Kontakte zu Familienmitgliedern. Sie fügte so dem bisherigen Bild des Malers manch neues Detail hinzu.

Gerhard Gisevius lebte von 1879 bis 1962. Mit 33 Jahren zog Gisevius, der in Berlin bei Karl Wendel und in Dresden bei Eugen Bracht Malerei studiert hatte, in seine neu erbaute Villa in Glindow ein. Malreisen führten ihn nach Sylt, in die Alpen, ins Riesengebirge, nach Thüringen und andere reizvolle Gegenden.1918 heiratete er Klara Wilkens. Bis 1922 bekam die Familie vier Kinder, Klaus, die Zwillinge Rosemarie und Peter sowie Hans-Friedrich. Nach und nach wurden nun Glindow und die Umgebung zum Mittelpunkt seines künstlerischen Schaffens.

Gisevius malte vorwiegend in der freien Natur. Es störte ihn nicht, wenn Glindower Kinder ihm beim Malen über die Schulter schauten. Viele Bilder verkaufte er oder nutzte sie als Zahlungsmittel für Arbeiten von Handwerkern am und im Haus, zum Beispiel für Brunnenbaumeister Otto Lerm oder Polster- und Sattlermeister Gustav Gieseler. Auch Klara trug als rekrutierte Lehrerin ab 1942 zum Familienunterhalt bei. Ehemalige Schülerinnen, wie Gisela Briegert (geb. Frohloff), Marianne Haseloff (geb. Flohr) oder Lieselotte Sommerfeld (geb. Gehrmann) haben sie nicht vergessen. „Sie war eine energische Respektperson, freundlich und konsequent,“ erinnert sich Frau Sommerfeld, die bei ihr sogar privaten Englischunterricht erhielt.

Die Nachkriegszeit muss für die Familie hart gewesen sein. Bilder verkaufte sich schwer. Tochter Rosemarie verstarb schon 1925 im Alter von fünf Jahren und Peter kam aus dem Krieg nicht zurück. In den letzten Lebensjahren unterstützten die Söhne Klaus und Hans-Friedrich die Eltern liebevoll.

Im Nachlass des Malers in der Villa von Jutta und Jürgen Zaske fanden Siegrid Gottschalk und Brigitte Wilhelm unzählige, bisher nicht bekannte Arbeiten und Entwürfe und alte ungerahmte Leinwände, die Gisevius schon vor 1910 gemalt hatte. Einen Teil davon kann man in der Ausstellung sehen. Skizzenbücher des Malers geben Auskunft über neue Ideen und Vorhaben mit genauesten handschriftlichen Notizen. Viele Originale wurden schon vor 25 Jahren verkauft. Private Nachlässe haben Jutta Zaske und Dagmar Gisevius, die Frau des verstorbenen Sohnes Hans-Friedrich, die zur Vernissage aus Recklinghausen anreiste, für die Ausstellung im Heimatmuseum zur Verfügung gestellt. Dagmar Gisevius schenkte dem Heimatverein ein Bild ihres Mannes mit einem sehr privaten Motiv. Es zeigt die Gasse, die neben der Villa Gisevius zum Glindower See führt.

Frau Bergerhoff laudierte das Schaffen von Gerhard Gisevius und nannte ihn einen Maler, der zu Unrecht fast vergessen wurde. Manuela Saß, die Bürgermeisterin, gratulierte mit herzlichen Worten zur Ausstellung und bestärkte den Heimatverein darin, den Weg der Geschichtsaufarbeitung weiterzuverfolgen. Das sei besonders für die Jugend so wichtig. „Die Ausstellung über Gerhard Gisevius ist für Glindow einmalig und hat viele Besucher verdient“, sagte der Glindower Ortsvorsteher Sigmar Wilhelm und dankte dem Heimatverein und der Vorsitzenden Edelgard Baatz im Namen des Ortsbeirates.

Brigitte Wilhelm